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Stuttgart
Leseprobe
Achim Seiffarth
In der fränkischen Provinz
Große, dunkle Wälder und Hügel, leckeres Essen und guter Wein. Jedes Jahr kommen viele Touristinnen und Touristen zum Wandern nach Franken, einer Region im Norden Bayerns. Hier – wenig mehr als 20 Kilometer von Nürnberg – liegt Herzogenaurach, eine Kleinstadt mit 25 000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Herzogenaurach lebt allerdings nicht vom Tourismus. In der Stadt haben zwei internationale Konzerne1 im Bereich Sport ihre Zentrale: adidas und PUMA. Wie kommt es dazu? Warum stehen die Zentralen zweier Weltmarken in der fränkischen Provinz?
Vor hundert Jahren war es in Herzogenaurach noch ruhig. 1910 lebten 3 000 Menschen in der damals noch kleinen Stadt. Die
meisten produzierten in Heimarbeit2 Schuhe.
Schuhe? Fast alle stellten Hausschuhe und Pantoffeln her. Schlappenschuster nannte man die Männer und Frauen, die hier arbeiteten. 116 dieser meist sehr kleinen Firmen und Werkstätten gab es in der Stadt.
In einer der Schuhfabriken arbeitete Christoph Dassler. Viel Geld verdiente er damit nicht. Seine Frau Pauline arbeitete auch. Sie hatte eine Wäscherei. Wie das bei kleinen Familienunternehmen so war, mussten die Kinder mithelfen. Rudolf (geb. 1898) und Adolf (geb. 1900), genannt Adi, brachten die saubere Wäsche zu den Kundinnen und Kunden.
Trotzdem hatten Rudolf und Adi noch genug Zeit für ihr Hobby, den Sport. Beide liefen gern: kurze und schnelle Sprints oder lange Läufe durch den Wald. Rudolf spielte gern Fußball. Adi machte Hoch- und Weitsprung, boxte, lief Ski und machte Skisprung. Sollte er Sportler werden? Damals war das jedoch noch kein möglicher Beruf.
Nach der Schule sollte Adi einen „richtigen“ Beruf lernen. Eine Lehre4 als Schuster machte er nicht, denn die Schuhherstellung in Kleinbetrieben war inzwischen in der Krise. Große Fabriken stellten jetzt billigere Schuhe her.
Adi sollte Bäcker werden, meinte der Vater. 1914 fing er seine Lehre an. 1914 begann aber auch der Erste Weltkrieg. Die beiden älteren Brüder Fritz und Rudolf gingen an die Front5. Adi arbeitete weiter jeden Tag ab zwei Uhr morgens zwölf bis 18 Stunden in der Backstube.
1917, am Ende der Lehre, wusste Adi eins: Er will nicht als Bäcker arbeiten. Zunächst musste 1918 auch Adi Soldat werden. Erst Ende 1919 kam er wieder nach Hause, ein Jahr später als Rudolf und Fritz.
Wer sind eigentlich Rudolf & Adi Dassler